Berlinprojekt
Auszug aus dem Buch „Das Berlin Projekt“
Der Auftrag
Ende 2008 bekam ich von der Geschäftsführerin einer französischen Bank den Auftrag die Wände des großen Konferenzraums „Berlin“ im neu bezogenen Gebäude in Frankfurt mit exklusiven Fotografien zu gestalten.
Die Bilder sollten in Bezug zu Berlin und seinen Bauwerken stehen. Weitere Vorgaben gab es bei diesem Auftrag nicht.
Der Konferenzraum ist rechteckig. Zwei Stirnwände stehen für Bilder zur Verfügung. Eine lange Seite weist als komplette Fensterfront zur Taunusanlage.
Die Ideen
Bei dem ersten Gespräch mit der Auftraggeberin entwickelte sich der Gedanke zweier Themen, die miteinander korrespondieren sollten.
Ein Bild mit historischen Bauwerken, stellvertretend für das geschichtsträchtige Berlin und ein zweites mit modernen Gebäuden für das neue, nach der Wende entstandene Berlin.
Da sich eine zur Verfügung stehende Wand im Blick zur Alten Oper öffnet, stellt diese die historische Seite dar. Die gegenüberliegende Wand gibt den Blick frei zur moderneren Bebauung der Mainzer Landstraße. So ergibt sich hier die moderne Seite.
Zum Zeitpunkt der Auftragvergabe war es bereits Dezember und in Berlin waren alle wichtigen Bauwerke im Weihnachtsschmuck erleuchtet. Das Wetter sah über die nachfolgenden Monate nicht nach einer Atmosphäre aus, die es Wert gewesen wäre zu fotografieren.
Das Composing
So nutzte ich die Zeit für Layouts, Recherchen und Testaufnahmen in Frankfurt. Ich suchte nach Fotomaterial von Bauwerken in Berlin und fing an, mir meine eigenen Sujets zusammenzubauen. Ich sah die Möglichkeit von Serien mit jeweils drei Bildern zu einem Thema, einer Art Triptychon. Andererseits bestand auch die Möglichkeit, je ein großes Bild für die beiden Wände anzufertigen. Etwas sehr Eigenständiges. Etwas, das über die fotografische Abbildung von Architektur hinaus geht.
Bald hatte ich eine genaue Vorstellung davon, wie diese beiden Bilder aussehen sollten.
Ich wollte ein Berlin zeigen, das es so nicht gibt. Ich wollte einen neuen Platz bauen. Die historischen Bauwerke der Stadt in einem Bild vereinen. (s.S. 44 f)
Natürlich eignete sich dafür das Brandenburger Tor mit dem Pariser Platz besonders gut. Auch eine Referenz an Frankreich, vertreten durch den französischen Dom, sollte nicht fehlen. Die Quadriga auf dem Brandenburger Tor wurde einst von Napoleon mit nach Paris genommen, später jedoch an Berlin zurückgegeben. So fanden sich genügend französische Einflüsse für das historische Bild.
Für das zweite Bild erdachte ich eine „neue“ Skyline von Berlin. Berlin hat viel Wasser. Die ganze Stadt ist durchzogen von Flüssen und Kanälen. Doch trotz des vielen Wassers gibt es nicht das, was viele berühmte Städte haben, eine typische Skyline, die sich im Wasser spiegelt und für das Moderne steht.
Doch für diese beiden Composings benötigte ich nicht nur die Aufnahmen der Bauwerke selbst, sie mussten auch in Perspektive , Licht und Größe zusammen passen.
Ich layoutete die Bilder zunächst als Zeichnung, um einen Eindruck zu bekommen. Dann erhielt ich Testfotografien meiner favorisierten Gebäude von Uwe Steckhan, der mich später auch beim Shooting als Location Scout in Berlin begleitete. Jetzt konnte ich die bevorstehenden Aufnahmen noch genauer festlegen.
Die Bilder sollten sich darüber hinaus nicht nur durch die Einteilung in „historisch und modern“ unterscheiden, sie sollten auch verschiedene Lichtstimmungen wiedergeben.
Da Licht in der heutigen Zeit oft als architektonisches Gestaltungsmittel eingesetzt wird und viele Gebäude aus sich herausstrahlen, plante ich für die Skyline eine Nachtaufnahme. Die erleuchteten Bauwerke sollten den Eindruck der Moderne verstärken. Im Gegensatz dazu sollte das historische Sujet bei Tageslicht mit viel Sonne aufgenommen werden.
Die fertigen Bilder würden von den Abmessungen sehr groß sein. So musste ich für eine besondere Detailgenauigkeit sehr hochauflösend fotografieren. Um für die Composings genügend Material zur Verfügung zu haben, benötigte ich so viele verschiedene Perspektiven wie möglich. Das Timing für die richtigen Sonnenstände war ebenfalls sehr wichtig.
Dabei half mir der Location Scout in Berlin mit seiner Ortskenntnis.
Letztendlich entstanden beim Shooting über 3000 Bilder.
Ich hatte meiner Auftraggeberin versprochen, über diese Gedanken hinaus, Alternativen auszuarbeiten.
Außer den beiden großen Composings hatte ich noch zwei weitere Ideen, die ich realisieren wollte.
Historie und Moderne in der Gegenüberstellung
Historische Gebäude besitzen oft einen großen Detailreichtum an Ornamenten, Figuren und Kuppeln. Hingegen spielen in der modernen Architektur grafische Elemente und Oberflächenmaterialien eine wichtige Rolle, wie z. B. Glas, Stahl und Beton. (s. S. 6 f)
Genau diese Unterschiede und Details wollte ich herausarbeiten und gegenüberstellen. Dies konnte ich jedoch im Vorfeld nicht so exakt planen und layouten wie die beiden großen Composings, dafür musste ich in Berlin auf die Suche gehen.
Grafische Umsetzung
Ein weiteres Thema sollte eine grafische, ornamentähnliche Umsetzung einzelner Motive werden. (s. S. 32 f)
Im Berliner Regierungsviertel gibt es 19 Glastafeln, verbunden zu einer Wand, in die unser deutsches Grundgesetz in der Fassung von 1949 eingraviert ist. Zunächst fotografierte ich jede Glastafel in gleicher Perspektive.
Zurück im Studio, baute ich am Computer die einzelnen Bilder immer wieder neu zusammen, nachdem ich sie spiegelte und doppelte.
Ich setzte ein großes Bild aus vielen einzelnen zusammen, wodurch sich neue, teils zufällige Muster ergaben.
Dies wiederholte ich mit verschiedenen Einzelmotiven, wie der „Goldelse“ auf der Siegessäule, dem Brandenburger Tor und der Quadriga.
Durch unterschiedliche Farbgebungen der Objekte und Hintergründe, entstanden neue Eindrücke. Mal stand die „Goldelse“ im Vordergrund, mal das Brandenburger Tor. So konnte ich verschiedene Teile des Bildes hervorheben oder in den Hintergrund stellen.
Das wiederholte ich in ähnlicher Weise mit Details der modernen Gebäude und entwickelte eine miteinander korrespondierende Farbgebung.
Insgesamt entstanden so drei verschiedene Themen, bzw. Serien:
die beiden großen Composings „Pariser Platz“ und „Skyline“,
zwei dreiteilige Kombinationen aus historischen und modernen Gebäuden sowie die grafische Umsetzung einzelner Bildsegmente.
Die Motive wurden als FineArt Print gedruckt, auf Aluminium aufgezogen und hinter Acrylglas kaschiert.
Das Acrylglas ist von den Abmessungen größer als das Motiv und bildet somit auch den Rahmen. Anschließend wurde der Acrylglasrand noch mit einer feinen Gold- und Silberlinie bemalt.
Das Maß der großen Bilder beträgt 180×106 cm zuzüglich eines 10 cm breiten Acrylglasrandes.
Die beiden kleineren Bilder wurden in den Maßen 68×58 cm genauso produziert.